Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum

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Adresse

Museumstraße 15
6020 Innsbruck

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+ 43 512/594 89 - 314

Provenienzforschung

 

ProvenienzforscherInnen

Dr.in Claudia Sporer-Heis
 

Auch das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum hat Kunst- und Kulturbesitz aus jüdischen Eigentum, welches vom nationalsozialistischen Regime beschlagnahmt worden war, erhalten. Ab 1938 brachte das damalige „Institut für Denkm­alp­flege“ in Wien Objektlisten in Umlauf, mit deren Hilfe „Wunschlisten“ erstellt werden ko­nnten, was zu In­teressenkonflikten zwischen den einzelnen Museen führte.

Grundsätzlich sind drei Erwerbungsarten zu unterscheiden:

  1. Beschlagnahmtes Kulturgut, das den Museen aufgrund ihres angemeldeten Interesses und passend zu ihren (lokal bzw. regional ausgerichteten) Sammelgebieten kostenlos übergeben („zugewiesen“) wurde.
  2. Beschlagnahmtes Kulturgut, das den Museen der „Ostmark“ zu Vorzugspreisen vor allem zur Komplettierung ihrer Sammlungen angeboten wurde. Die Finanzierung dieser Ankäufe erfolgte durch die Gauleitung über einen beim Institut für Denkmalpflege in Wien angesparten Ankaufsfonds.
  3. Das Ferdinandeum erwarb aber auch Objekte aus jüdischen Sammlungen durch Kauf oder Tausch. Im Fall Rei­tlinger wurde der gesamte von der Gauleitung entzogene Hausstand im Ferdinandeum eingestellt.

Während der Kriegszeit wurden diese Bestände – genauso wie die eigenen – aufgrund der Bombengefahr an verschiedenen Bergungsorten untergebracht und weiterbetreut.

Nach Kriegsende wählte man den Juristen Dr. Ernst Durig, Präsident des Verfassungsgerichtshofes i.R., zum Vorstand des „Vereines Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum“. Seine Person garantierte zwar im Zusammenhang mit den bevorstehenden Restitutionen eine korrekte Vorgangsweise nach den damals gültigen Gesetzen, diese wird jedoch heutigen – eigentlich ja auch damaligen – moralischen Ansprüchen nicht gerecht. Abgesehen von der gesetzlichen geforderten „Anmeldung entzogenen Vermögens“ durch das Ferdinandeum stellten auch die Geschädigten selbst Ansprüche auf das ihnen entzogene Eigentum. Aufgrund des Vereinsstatus des Ferdinandeums war das Dritte Rückstellungsgesetz anzuwenden (Rückstellung von entzogenem Eigentum in privater Hand), wobei die Ansprüche oft einvernehmlich geregelt wurden.

Der Verein bat allerdings um Entschädigungen für den entstandenen Aufwand während der Bergung in Form von „Spenden“, d.h. Schenkung von ehemals beschlagnahmten Objekten, oder um Geldbeträge. Diesen „Bitten“ um Spenden oder Widmungen wurde vonseiten der Geschädigten, die ihre Sammlungen nur unter der Bedingung der Überlassung von bestimmten Kunstwerken an österreichischen Museen ausführen durften, in der Regel Rechnung getragen.

In einigen wenigen Fällen scheint wegen fehlender Informationen und Unterlagen oder aber auch wegen der damaligen gesetzlichen Lage nicht restituiert worden zu sein.

Die Rückgabe von Kunst- und Kulturgut aus jüdischem Eigentum nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum zwar nach den damals geltenden Gesetzen. Die bisherigen historischen Forschungen zur Restitution zeigen jedoch, dass vonseiten des Staates Österreich die Tendenz bestand, etwa durch eine rigorose und gegenüber den Geschädigten restriktive Auslegung der Gesetze sowie durch die oft nur kurzen gesetzlichen Fristen möglichst viele Kunstwerke in den österreichischen Museen zu behalten. Auch im Fall des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum wurden die entsprechenden Rechtsvorschriften immer wieder „ausgereizt“. Zudem nahm man auch vonseiten des Ferdinandeums gerne die „Hilfe“ des Bundesdenkmalamtes an, welches durch die Möglichkeit der Verhängung einer Ausfuhrsperre in vielen Fällen die ehemaligen EigentümerInnen unter Druck setzte. Daraus ergibt sich auch die Problematik der „Spenden“, die das Ferdinandeum im Zusammenhang mit der Rückgabe ehemaligen jüdischen Eigentums „erbeten“ hat und die sich heute noch in den Sammlungen des Museums befinden.

Besondere Aufmerksamkeit widmete das Museum im Zuge der Provenienzforschung dem „Besitz des Obersten Kommissars“, also des „Gauleiters“ Franz Hofer: Noch im Jänner 1945 waren auf Schloss Friedberg drei Kisten mit Gemälden aus dem „Besitz des Obersten Kommissars für die Operationszone Alpenvorland“ geborgen worden. Diese wurden erst am 15. Juni 1951 geöffnet. In einer Kiste befand sich der „Schwur der Tiroler Bundesgenossen“ von Albin Egger-Lienz, nach dem bereits 1950 vonseiten des Eigentümers Erwin Kreibig geforscht worden war. Das Gemälde wurde Kreibig zurückgestellt. Die anderen beiden Kisten enthielten 15 weitere Bilder, die meisten von Albin Egger-Lienz. Da die EigentümerInnen unbekannt waren, entschloss man sich dazu, diese „in der Gewahrsame des Ferdinandeums“ zu belassen. Auf den entsprechenden Karteikarten wurde „aus dem Besitz des Obersten Kommissars“ vermerkt. Die Gemälde werden heute noch vom Museum verwahrt und deren EigentümerInnen – unter anderem durch Veröffentlichung in der Kunst-Datenbank des Nationalfonds – gesucht.

Vgl. Sporer-Heis, Claudia: „... sind dem Ferdinandeum Auslagen erwachsen, auf deren Ersatz es Anspruch erheben zu können glaubt ...“ – Zur Frage der Restitution jüdischen Eigentums am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, in: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Bd. 82 / II, Innsbruck, 2002, S. 7-37.