Die Mauerbach-Auktion von 1996

Trotz mehrerer Rückstellungsgesetze und den Nachforschungen der österreichischen Behörden war bis in die 1980er-Jahre ein Restbestand an ehemals enteigneten Kunst- und Kulturgütern in den Depots des Bundesdenkmalamtes verblieben.[1] Es handelte sich hierbei um Kunstwerke, die Österreich vom Central Art Collecting Point in München übernommen hatte und die trotz der beiden Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetze von 1969 und 1985 (vgl. Die österreichische Kunstrestitutionsgesetzgebung nach dem Zweiten Weltkrieg) nicht zurückgestellt werden konnten. Seit dem Jahr 1966 waren diese Bestände in den Räumen des ehemaligen Kartäuserklosters Mauerbach bei Wien gelagert worden.[2] Mit dem Hinweis auf konservatorische Maßnahmen hatten die Bundesmuseen wiederholt Kunstwerke aus dem Mauerbach-Bestand in ihre eigenen Sammlungen überführt, andere Stücke wurden Bundesdienststellen leihweise für Ausstattungszwecke zur Verfügung gestellt.[3]

Im Jahr 1979 wurde erstmals die Versteigerung des verbliebenen Mauerbach-Bestandes zugunsten von Opfervereinigungen diskutiert.[4] Durch den 1984 veröffentlichten Artikel A Legacy of Shame: Nazi Loot in Austria von Andrew Decker in der US-amerikanischen Kunstzeitschrift ARTnews kam es zu einer erneuten Diskussion um den Mauerbach-Bestand.[5] 1985 wurde das 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz[6] im Parlament beschlossen, welches von der Israelitischen Kultusgemeinde und jüdischen Opferorganisationen angeregt worden war. Mit diesem Gesetz sollte vor der abschließenden Verwertung der herrenlosen Kunstwerke noch einmal die individuelle Restitution in den Mittelpunkt der Bemühungen gestellt werden.[7]

Im Herbst 1995 wurden all jene Kunstwerke aus dem Mauerbach-Bestand, auf die keine Eigentumsansprüche erhoben worden waren, an den Bundesverband der Israelitischen Kultusgemeinde Österreich zur weiteren Verwertung übereignet.[8] Am 29. und 30. Oktober 1996 organisierte das Auktionshaus Christie’s im MAK - Österreichisches Museum für angewandte Kunst in Wien die Versteigerung der insgesamt 1.045 Katalognummern.[9] Durch diese Auktion konnte ein Erlös von damals etwa 120 Millionen Schilling[10] erzielt werden. Dieser kam Menschen zugute, die aufgrund von Abstammung, Religion oder aus politischen Gründen durch das NS-Regime verfolgt worden waren.[11]

[1] Vgl. Kurt Haslinger, Mauerbach und der lange Weg bis zur Auktion: 1969–1996, in: Theodor Brückler (Hg.), Kunstraub, Kunstbergung und Restitution in Österreich, 1938 bis heute, Wien-Köln-Weimar 1999, S. 45f. (im Folgenden zit. als: Haslinger, Mauerbach).

[2] Vgl. Sabine Loitfellner, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich. Institutionen – Akteure – Nutznießer, in: Verena Pawlowsky, Harald Wendelin (Hg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe. Österreich von 1938 bis heute, Wien 2006, S. 23.

[3] Vgl. Haslinger, Mauerbach, S. 48.

[4] Vgl. ebd., S. 45.

[5] Vgl. Andrew Decker, A legacy of shame, in: ARTnews 83, 1984, S. 55-76.

[6] Bundesgesetz vom 13. Dezember 1985 über die Herausgabe und Verwertung ehemals herrenlosen Kunst- und Kulturgutes, das sich im Eigentum des Bundes befindet (2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz), BGBl 2/1986

[7] Vgl. Haslinger, Mauerbach, S. 45f.

[8] Bundesgesetz, mit dem das 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz geändert wird, BGBl 515/1995, 4. August 1995.

[9] Auktionskatalog Mauerbach – Items seized by the Nazis to be sold for the benefit of the victims of the Holocaust, 29. und 30. Oktober 1996, Wien, MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst, Christie’s.

[10] Die Angaben zum Erlös der Auktion differieren: Der Standard, 2./3. 11. 1996, berichtete von einem Gesamterlös von 155,7 Millionen Schilling, die Zeitung der IKG, Die Gemeinde, 1. 12. 1996, nannte 137 Millionen Schilling, die Wiener Zeitung, 3. 5. 1997, gab den Netto-Erlös mit 122 Millionen Schilling an; vgl. Clemens Jabloner, Brigitte Bailer-Galanda, Eva Blimlinger u.a., Schlussbericht der Historikerkommission der Republik Österreich. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich. Zusammenfassung und Einschätzungen (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission, Bd. 1), Wien-München, 2003, S. 435, Anm. 984.

[11] Vgl. § 8 des 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz idF BGBl 515/1995.