Die "Widmungen" an österreichische Museen

Im Zuge der Restitutionspolitik der Zweiten Republik kam es in den Nachkriegsjahren unter Druck zu Widmungen an österreichische Museen und Sammlungen. Wurde ein Kunstwerk an eine im Ausland lebende Person restituiert und beabsichtigte diese, das Kunstwerk ins Ausland zu verbringen, so kam das Ausfuhrverbotsgesetz von 1918 zur Anwendung.[1] Die Erteilung der Ausfuhrgenehmigung für die restituierten Sammlungen wurde in vielen Fällen an die Schenkung einzelner herausragender Objekte an österreichische Museen gebunden. Auf diesem Weg kamen restituierte Kunst- und Kulturgüter wieder in Bundesbesitz.[2] Solche Widmungen gab es unter anderem im Fall der Sammlungen Rothschild[3], Gutmann, Lederer und Bondy.

Das Ausfuhrverbotsgesetz als gesetzliche Grundlage für diese Widmungen war bereits im Jahr 1918 kurz nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie geschaffen worden. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation, in der sich zahlreiche KunstsammlerInnen sowie KunstbesitzerInnen in den Nachkriegsjahren befanden, versuchten viele davon, einzelne Objekte oder ganze Sammlungen außer Landes zu bringen und gegebenenfalls zu verkaufen. Die erst wenige Monate alte Erste Republik erließ aus diesem Grund am 5. Dezember 1918 das Gesetz betreffend das Verbot der Ausfuhr und der Veräußerung von Gegenständen geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung.[4] Die Entscheidungskompetenz über den Erlass des Ausfuhrverbots wurde dem Staats- bzw. Bundesdenkmalamt[5] übertragen, das ab 1938 die Namen Zentralstelle für Denkmalschutz bzw. 1940 bis 1945 Institut für Denkmalpflege trug und seit 1945 wieder unter dem Namen Bundesdenkmalamt arbeitet. Während der NS-Herrschaft in Österreich von 1938 bis 1945 belegte die Denkmalbehörde mittels Ausfuhrverbotsgesetz zahlreiche Kunstwerke mit einer Ausfuhrsperre. Die verfolgten EigentümerInnen waren aus diesem Grund gezwungen, vor ihrer Auswanderung die gesperrten Werke im Inland unter ihrem tatsächlichen Wert zu verkaufen oder als Widmung einem Museum zu überlassen.[6] Nach dem Ende des NS-Regimes brachte das wiedererrichtete Bundesdenkmalamt das Ausfuhrverbotsgesetz auch gegenüber jenen Personen zur Anwendung, die aufgrund der Rückstellungsgesetze nach 1945 wieder in den Besitz ihrer entzogenen Kunstwerke gelangt waren.

Mit dem Beschluss des Kunstrückgabegesetzes von 1998 schuf die Republik Österreich die rechtlichen Voraussetzungen, um auch jene Kunstwerke an ihre EigentümerInnen oder deren RechtsnachfolgerInnen zu restituieren, die Gegenstand von Rückstellungen an die ursprünglichen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger von Todes wegen waren und nach dem 8. Mai 1945 im Zuge eines daraus folgenden Verfahrens nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verbot der Ausfuhr von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung, StGBl. Nr 90/1918, unentgeltlich in das Eigentum des Bundes übergegangen sind und sich noch im Eigentum des Bundes befinden.[7] Wie schon im Fall des 2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetzes von 1985[8] wurde die erneute Anwendung des Ausfuhrverbotsgesetzes ausdrücklich ausgenommen. Gemäß dem Kunstrückgabegesetz von 1998 unterliegen restituierte Kunstgegenstände für die Dauer von 25 Jahren nach in-Kraft-Treten des Gesetzes nicht den Bestimmungen des Ausfuhrverbotsgesetzes.[9]

[1] Gesetz vom 5. Dezember 1918, betreffend das Verbot der Ausfuhr und der Veräußerung von Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Ausfuhrverbotsgesetz), Stammfassung StGBl 90/1918.

[2] Vgl. Sabine Loitfellner, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich. Institutionen – Akteure – Nutznießer, in: Verena Pawlowsky, Harald Wendelin (Hg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe. Österreich von 1938 bis heute, Wien 2006, S. 22 (im Folgenden zit. als: Loitfellner, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich).

[3] Louis Rothschild und die Erben und Erbinnen nach Alphons Rothschild versuchten nach 1945, ihre restituierten Kunstsammlungen aus Österreich auszuführen. Die sich über Jahre hinziehenden Verhandlungen um die Genehmigung der Ausfuhr von Teilen der Sammlung hatten zur Folge, dass zumindest 225 Kunstwerke österreichischen Bundes- und Landesmuseen gewidmet wurden. Zudem fanden sich nach einer Aufstellung des Bundesdenkmalamtes im Jahr 1998 insgesamt 71 Kunstwerke aus den ehemaligen Sammlungen der Rothschilds als Leihgabe im Kunsthistorischen Museum und weitere acht in der Österreichischen Galerie. Vgl. Thomas Trenkler, Der Fall Rothschild, Wien 1999, S. 20.

[4] Vgl. Anm. 1.

[5] Vgl. § 4b Abs 1 Ausfuhrverbotsgesetz idF BGBl 80/1923.

[6] Vgl. Loitfellner, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich, S. 14.

[7] § 1 Abs 1 Bundesgesetz über die Rückgabe von Kunstgegenständen aus den Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen (Kunstrückgabegesetz), BGBl I 181/1998, 4. Dezember 1998.

[8] § 4 Abs 5 Bundesgesetz vom 13. Dezember 1985 über die Herausgabe und Verwertung ehemals herrenlosen Kunst- und Kulturgutes, das sich im Eigentum des Bundes befindet (2. Kunst- und Kulturgutbereinigungsgesetz), BGBl 2/1986.

[9] § 4 Kunstrückgabegesetz.