Die Vugesta. "Die Verwaltungssstelle für jüdisches Umzugsgut der Gestapo"

Am 7. September 1940 nahm in Wien unter der Bezeichnung Vugesta ein Unternehmen seine Tätigkeit auf, das als zentrale Drehscheibe bei der Umverteilung geraubten Privateigentums jüdischer ÖsterreicherInnen während der NS-Herrschaft anzusehen ist.[1] Die Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Gestapo[2] wurde explizit als Organisation zur Arisierung von jüdischem Eigentum und dessen Nutzbarmachung für die arische Bevölkerung geschaffen.[3] Hierbei konzentrierte sich das NS-Regime in den ersten Jahren nach dem Anschluss vor allem auf die für die Ausfuhr vorbereiteten Umzugsgüter vertriebener österreichischer Jüdinnen und Juden. Die zur Flucht Genötigten hatten nach Überwindung der behördlichen Schikanen die verpackten Umzugsgüter - sogenannte Lifts - vor ihrer Abreise Speditionen übergeben. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs verblieben diese Lifts jedoch bei den Speditionen, noch auf dem Weg befindliche Umzugsgüter blieben bei den jeweiligen Zwischenstationen.[4] Durch den späteren Verkauf dieser Umzugsgüter durch die VUGESTA sollten die bis dahin angefallenen Spediteurskosten und sonstige Spesen abgegolten werden. Der so erzielte Gewinn wurde zum überwiegenden Teil an die Oberfinanzpräsidien in Wien und Berlin abgeführt.[5]

SpediteurInnen waren verpflichtet, der VUGESTA all jene Umzugslifts zu melden, deren BesitzerInnen rassisch verdächtig erschienen. In Zusammenarbeit mit der Gestapo wurde die Beschlagnahmung der Umzugsgüter offiziell ausgesprochen.[6] Ursprünglich war geplant, sämtliche beschlagnahmten Umzugsgüter über das Wiener Auktionshaus Dorotheum versteigern zu lassen. In Anbetracht des großen Umfanges des enteigneten Vermögens griff die VUGESTA ab 1941 jedoch auf die Möglichkeit des Freiverkaufs zurück. Verkaufsfilialen fanden sich im Wiener Messegelände und in den Sophiensälen in Wien.[7] Als KäuferInnen waren vor allem sozial Schwache, jungvermählte Paare und Kriegsgeschädigte bevorzugt.[8] VertreterInnen von Gestapo, NSDAP und Wehrmacht erhielten jedoch Ausnahmegenehmigungen, Behörden kauften Möbel zu Schätzpreisen.[9]

Güter mit einem Schätzwert über 1.000.- Reichsmark wurden von der VUGESTA weiterhin dem Dorotheum übergeben.[10] Hans Posse, Hitlers Sonderbeauftragter für das Linzer Führermuseum, war der Überzeugung, der ganze Führervorbehalt würde ja durchlöchert, wenn in allen diesen Fällen ein freihändiger Verkauf möglich wäre.[11] So fielen auch diese Stücke unter den Führervorbehalt. War Posse an einem Kunstwerk der VUGESTA nicht interessiert, kamen andere zum Zug; Museen besaßen ein Vorkaufsrecht, danach SchätzmeisterInnen der VUGESTA – vor allem Bernhard Witke oder Anton Grimm, die eigene Antiquitätenhandlungen betrieben sowie NS-Größen, KunsthändlerInnen sowie andere Günstlinge. Waren die begehrtesten Objekte verteilt, ging der Rest über öffentliche Versteigerungen an Museen, HändlerInnen sowie Privatpersonen.[12]

Ende 1943 waren die meisten in Frage kommenden Umzugsgüter über den Freiverkauf und das Dorotheum entzogen und verwertet worden. Auf Drängen der Gestapo konzentrierte sich die VUGESTA zu dieser Zeit aber auch auf die Verwertung der Wohnungseinrichtungen deportierter Personen.[13] Die von Bernhard Witke und Anton Grimm betriebene Möbelverwertungsstelle Krummbaumgasse, arbeitete eng mit der von Adolf Eichmann initiierten Zentralstelle für jüdische Auswanderung zusammen. Die SchätzmeisterInnen bekamen Adressen und Schlüssel der Wohnungen, die danach von ZwangsarbeiterInnen geräumt wurden.[14] Im Lauf ihrer knapp fünfjährigen Tätigkeit setzte die VUGESTA über Freihandverkäufe fünf Millionen Reichsmark um. Darüber hinaus erwirtschaftete die VUGESTA weitere zehn Millionen Reichsmark mit dem Verkauf von Gegenständen über das Dorotheum um. Der Gewinn aus diesen Verkäufen floss in die Kassen des Deutschen Reiches.[15]

[1] Vgl. Robert Holzbauer, Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens im Lande Österreich – Die Vugesta – Die Verwertungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Gestapo, in: Spurensuche 1-2/2000, S. 38. (im Folgenden zit. als: Holzbauer, Vugesta)

[2] Wird manchmal auch als "Verwertungsstelle" bezeichnet.

[3] Zit. nach: Gabriele Anderl, Edith Blaschitz, Sabine Loitfellner, Die Arisierung von Mobilien und die Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut, in: Clemens Jabloner, u.a. (Hg.), Arisierung von Mobilien (=Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission Bd. 15), Wien-München, 2004, S. 108 (im Folgenden zit. als: Arisierung von Mobilien).

[4] Vgl. ebd., S. 108.

[5] Vgl. ebd., S. 133f.; Vgl. Holzbauer, Vugesta, S. 49.

[6] Vgl. Sabine Loitfellner, Die Rolle der Verwaltungsstelle für jüdisches Umzugsgut der Geheimen Staatspolizei (Vugesta) im NS-Kunstraub, in: Gabriele Anderl, Alexandra Caruso (Hg.), NS-Kunstraub in Österreich und die Folgen, Innsbruck, 2005, S. 112. (im Folgenden zit. als: Loitfellner, Vugesta)

[7] Vgl. Anderl, Arisierung von Mobilien, S. 123; Holzbauer, Vugesta, S. 42.

[8] Vgl. Anderl, Arisierung von Mobilien, S. 124f.

[9] Vgl. ebd., S. 125.

[10] Vgl. ebd., S. 123.

[11] Zit. nach: Loitfellner, Vugesta, S. 114.

[12] Vgl. Loitfellner, NS-Kunstraub und Restitution in Österreich. Institutionen – Akteure – Nutznießer, in: Verena Pawlowsky, Harald Wendelin (Hg.), Enteignete Kunst. Raub und Rückgabe. Österreich von 1938 bis heute, Wien, 2006, S. 17f.

[13] Vgl. Anderl, Arisierung von Mobilien (zit. Anm. 2), S. 134f.

[14] Vgl. Loitfellner, Vugesta, S. 113; Vgl. Anderl, Arisierung von Mobilien, S. 143.

[15] Vgl. Loitfellner, Vugesta, S. 112.